Die rechtliche Verortung des Wechselmodells: Streit über das Betreuungsmodell nach der Scheidung - Beschluss des OLG Frankfurt
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Tanja Haaß, Mitarbeit: studentische Hilfskraft Jonas Haaß
Für die allermeisten Eltern steht das Kindeswohl immer an erster Stelle. Das gilt gerade auch dann, wenn es zur Scheidung und dem Getrenntleben der Familie kommt. Dann kommen verschiedene Modelle in Betracht. Entscheidend man sich für das Residenzmodell, leben die Kinder hauptsächlich im Haushalt eines Elternteils. Demgegenüber ermöglicht es das Wechselmodell, dass der Nachwuchs maßgebliche Zeitanteile bei beiden Eltern verbringt.
Die Wahl des passenden Modells
Klar ist aber auch, dass die Wahl des passenden Modells nicht immer konfliktfrei verläuft. Oft kommt es sogar vor, dass sich die (ehemaligen) Ehegatten partout nicht einigen können. Zum dann zu wählenden Entscheidungsweg hat sich nun das Oberlandesgericht Frankfurt geäußert (OLG Frankfurt v. 15.02.2022 - 3 UF 81/21 = NZFam 2022, 359 ff.).
Dabei wurde zunächst klargestellt: Die Entscheidung, ob Wechsel- oder Residenzmodell angewendet werden soll, kann nur im Umgangsverfahren getroffen werden. Dieses ist vom Sorgerechtsverfahren zu unterscheiden. Während das Sorgerecht die Personen- und Vermögenssorge für das Kind umfasst, richtet sich das Umgangsrecht auf die Kontaktpflege zwischen Kind und Umgangsberechtigtem. Lange Jahre war es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die Frage nach dem richtigen Aufenthaltsmodell das Sorge- oder das Umgangsrecht betrifft.
Regelung im Umgangsverfahren
Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat sich eindeutig auf das Umgangsverfahren festgelegt. Damit möchte das Gericht einige praktische Probleme vermeiden. Das Sorgeverfahren umfasst nämlich insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht – ein Begriff, der den meisten Eltern bekannt vorkommen sollte. Darüber können sie den Wohnsitz, den gewöhnlichen sowie den tatsächlichen Aufenthaltsort des Kindes bestimmen. Die Richter stellten nun fest, dass dieses Recht nicht dafür gebraucht werden soll, entweder das Residenz- oder Wechselmodell durchzusetzen.
Dabei nahm die Kammer eine Interessenabwägung beider Elternteile vor und befürchtete, dass eine sorgerechtliche Verortung zu starken Nachteilen eines Elternteils führen könnte. Kern des Streits sei die Häufigkeit der Umgangskontakte. Verknüpfe man das sorgerechtliche Aufenthaltsbestimmungsrecht mit dem passenden Betreuungsmodell, so könnte das durch dieses Recht begünstigte Elternteil zum Beispiel mit dem Kind ohne Zustimmung des anderen umziehen – im Extremfall sogar in das Ausland. Folge dessen wäre ein faktischer Beziehungsabbruch zum Kind. Das wäre auch aus verfassungsrechtlichen Gründen Elternteil und Kind kaum zuzumuten.
Die beste Regelung für Ihre Familie
Der Beschluss des OLG Frankfurt bringt so etwas Klarheit in die Einordnung des immer populärer werdenden Wechselmodells. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob eine Reform des Kindschaftsrechts hier endgültig Fakten schafft. Was auch immer geschehen mag – wir behalten für Sie alle aktuellen Entwicklungen im Blick. Mit unserer langjährigen Erfahrung setzen wir uns immer dafür ein, dass auch Ihre Familie die bestmögliche Umgangsregelung findet.